Die dritte Woche freue ich mich nun, dass ich an der Faculty of Arts der Banaras Hindu University Varanasi einen virtuellen Workshop Poesie Gedichte Lyrik moderiere. Arbeit, die ich Professor M.K. Natarajans Einladung verdanke.Wunderbare, neugierige Menschen hat der Germanist versammelt. Professor*innen, Doktorand*innen, Übersetzung Lehrende, sowie fortgeschrittene Masterstudent*innen von Universitäten ganz Indiens. 

Erste Woche: Doktorandin Prim Das Roy (Uni Varanasi) stellt mich vor. Ich starte mit einem Exkurs „Was sind Gedichte?“, trage dazu Beispiele aus der Literaturgeschichte vor, Deutschsprachiges wie ins Deutsche übersetztes; von Walther von der Vogelweide über Johann Wolfgang von Goethe, Hermann Hesse, Rabindranath Tagore und Gottfried Benn arbeiten wir uns bis zu Alexander Kabanow, Wjatscheslaw Kuprianow, Bela Chekurishvili, Kornélia Deres, Marianna Georgieva, Milena Marković und Anna Terèk aus dem Mittelalter in die Gegenwart vor, das Heute mit Texten aus der Sammlung „Der Osten leuchtet – Poetische Töne aus Europa“ (Dielmann Verlag 2022) sowie mit eigener Lyrik aus „MINIMAL gedichte : einfache auch in FARBE“ (Kulturmaschinen Verlag 2022). 

Zweite Woche: Wir schenken dem Thema Übersetzungen besondere Beachtung. Wie schaffe ich es, die Poesie einer Sprache in die andere zu transportieren? An Beispielen erörtern wir das; in ihrer Interpretation stellt etwa Dr. Madhuvanti Karyekar (Uni Pune) entsprechende Fragestellungen vor und greift sich dafür mein Gedicht „Auf dem Bistrotisch“ aus „MINIMAL …“; hier spricht ein Mensch mit einem Glas Apfelwein, die Perspektiven vermischen sich, grammatisches Geschlecht wie natürliches Geschlecht werfen Fragen zur Semantik auf. Das sei ein guter Text für Einsteiger ins Deutsche, so die Wissenschaftlerin.

Dritte Woche: Wie schon in der Woche zuvor, wo einige Teilnehmerinnen Gedichte von mir zunächst ins Englische und dann in verschiedene indische Sprachen übersetzten und vortrugen, sollen aus meinem Buch „MINIMAL …“ übersetzte Texte vorgestellt und diskutiert werden werden: „auf Bengali, Hindi, Gujarati, Kannada, Malayalam, Marathi, Punjabi, Tamil und Telugu“, so Natarajan. Dieses Sprechen über Literatur und mit ihr zwischen Deutschland und den vielen Bundesstaaten Indiens, das sind ergreifende Begegnungen. Wie sich im Kopf auf einmal überraschende Synapsen verbinden, das knistert. Und weil sich Natarajan und seine Kolleg*innen entschlossen haben, meinen frisch erschienenen Gedichtband komplett zu übertragen und Originale wie Übersetzungen als Buch in Indien zu publizieren, ist diese Woche auch Kulturmaschinen-Verleger Sven j. Olsson mit von der Partie; ein Mann, der Indien schon vielfach bereiste, der ein Bollywood-Musical schrieb sowie den 2017 erschienen Reise-Bildband „No Problem, Sir – Indische Momente“. 

Mich hatte Natarajan, da noch Dekan des Department of German Studies der M.S. University of Baroda, 2002 bereits einmal – leibhaftig – als Gastdozent nach Gujarat geholt. Und bis heute durchdringt mich der Gehalt eines touristischen Slogans: Incredible India.