Herr Faggiano kauft ein Haus, um gemeinsam mit Frau Faggiano eine Trattoria zu eröffnen. Irritiert über die Feuchtigkeit in den Wänden beginnt er, im Keller zu graben. Auf der Suche nach einem undichten Rohr stößt er auf eine Zisterne aus der Römerzeit. Die Nachbarn beobachten, wie er sich in den Untergrund arbeitet – neun Meter tief ist die Zisterne – und Massen von Schutt und Steinen aus dem Haus trägt. Sie kommen zu dem Schluss, dass der Mann ein Grabräuber sein muss, Antiquitäten raubt, die dem Staat gehören – sie zeigen ihn an. Das Denkmalamt schaltet sich ein. Herr Faggiano gräbt weiter.

Er findet römische Getreidespeicher, Grundmauern aus der Zeit der Messapier, mehrere mittelalterliche Geheimgänge und Fluchttunnel zu den verschiedensten Orten innerhalb und außerhalb der Stadt. Herr Faggiano entdeckt einen von einem entfernten Fluss gespeisten Brunnen, ein mittelalterliches Massengrab, einen Graben zum Trocknen von Leichen, das Ossarium eines ehemaligen Frauenklosters. Er kommt auf die Idee, aus dem Haus ein Museum zu machen. Auf die Reste des zerstörten Klosteraltars stellt er die Wachsfigur eines Franziskanermönchs in Lebensgröße, an die Wand hängt er ein blutendes Haupt Christi. Ein echtes hat er nicht gefunden, also ist es ebenfalls aus Wachs. Von den Glas- und Keramikobjekten, die er ausgräbt, geht der interessantere Teil an die Stadt. Ihm bleiben die Scherben aus Glas und Ton, ein Frauentorso ist dabei, Stücke von Trinkgefäßen, ein halber Engelskopf, die er in einer Vitrine auslegt, ohne erkennbare chronologische oder ästhetische Ordnung.

Die Dachterrasse des Hauses mit ihren Treppen und Leitern ist ebenso erstaunlich wie der Untergrund, man glaubt, über die Dächer der ganzen Stadt Lecce gehen zu können und immer neue Geheimnisse zu entdecken. Ein Turm mit Ausguck, gleich darunter der ehemalige Schlafsaal der Nonnen. Dieser ist liebevoll eingerichtet mit persönlichen Gegenständen aus dem Fundus der Besitzer. Bourgeoise Plüschmöbel unbestimmbaren Alters stehen darin, ein Schränkchen mit Heiligenfiguren und Schnapsflaschen en miniature, auf dem Boden eine weitere Vitrine: antike Ton- und Glasbruchstücke neben Weinflaschen aus den 1970er Jahren, alle leer. Im nächsten Saal nüchterne Stuhlreihen und ein pausbäckiger Engelskopf, der leicht verwirrt auf die nicht anwesenden Zuhörer schielt, oder ist es ein Schaden am Stein? Nach dem Ausdruck des Engels zu schließen, spricht der Redner Latein mit einem unbekannten Akzent.

Eine Kammer im hintersten Winkel des Erdgeschosses ist den ehrenwerten fünf Freunden des Museumsbesitzers gewidmet, die 1970 eine prähistorische Höhle entdeckt haben. Ein Foto der Helden, Nachbildungen der Höhle, an der Wand eine Karikatur der grabenden Forscher. Zwei von ihnen tragen Waffen und hakenkreuzgeschmückte Uniformen. Unter der Zeichnung stehen ihre Spitznamen: il Bomber, il Panzer, la mano del fatto – die Hand des Schicksals.

Wer mir nicht glaubt: Museo Faggiano, Via Ascanio Grandi, 56/58, 73100 Lecce, Eintritt 5 Euro, für Kinder und alte Menschen nur drei.

Christine Sterly-Paulsen