Dass der Herr sich durch einen brennenden Dornbusch offenbarte, ist lange her. Heute benutzt er ein rotes Oldtimer-Coupé – so zumindest in Ralph Roger Glöcklers Roman Ein roter Straßenkreuzer. Das vierzig Jahre alte Vehikel ist im Angebot des Gebrauchtwagenhändlers Abram, aber kein Kunde findet sich dafür. Ein treffliches Bild für jenen Gott, „der war, ist, sein wird“. Aber damit nicht genug: Die Stimme, die aus dem Wagen zu Abram spricht, verschmilzt mit jener seines leiblichen Vaters, von dem er gegen seinen eigenen Wunsch das Geschäft einst übernommen hat und das seit den Terroranschlägen vom 11. September nicht mehr gut läuft. Glöckler gestaltet nach Tamar (2014) und Der König in seinem Käfig (2023) erneut einen Stoff des Alten Testaments. Im Straßenkreuzer befragt er die Geschichte Abrahams, des Erzvaters oder – mit einem anderen Wort: des Patriarchen –, nach ihrer Aktualität. Ihm befiehlt Gott, seinen Sohn Isaak zu opfern. Daraus wird bei Glöckler eine vielschichtige Reflexion über Vaterschaft und darüber, dass sich Männer ein Leben lang damit herumschlagen müssen, dass sie Söhne sind. Wenn man so will, ist dies ein Paradigma der monotheistischen Kultur, in der die Liebe Gottes oder der Väter durch die Autorität ersetzt wurde.
Der kurze, aber dichte Roman handelt von einer Familie, durch die viele Brüche gehen, und zugleich von einem Amerika der Gegenwart, das sich tief in der Krise befindet. … (weiter geht es auf www.kommbuch.com und www.experimenta.de)